Offener Brief:
Rassismuskritische Forderungen
an die Pädagogischen Hochschulen

gerichtet an:
Pädagogische Hochschule Bern Pädagogische Hochschule Wallis Pädagogische Hochschule Graubünden Pädagogische Hochschule Freiburg Pädagogische Hochschule Thurgau Pädagogische Hochschule Luzern Pädagogische Hochschule Zug Pädagogische Hochschule Schwyz Pädagogische Hochschule Schaffhausen  Pädagogische Hochschule Zürich Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz Pädagogische Hochschule St.Gallen

Cool Number
0

Unterschriften

Wir sind Lehrpersonen und Student*innen verschiedener Pädagogischer Hochschulen und organisieren uns im Kollektiv Kritische Lehrpersonen (kollektiv krilp). Wir setzen uns mit (strukturellen) Diskriminierungen im Bereich Bildung auseinander und wollen Rassismus im beruflichen Umfeld, an Schulen und an den Hochschulen benennen und diesem entgegenwirken. Als Gruppe wollen wir zur Verminderung sozialer Ungleichheit beitragen und soziale Gerechtigkeit und Teilhabe fördern.
 
Was meinen wir, wenn wir von Rassismus sprechen? Rassismus ist die Einteilung von Menschen in Gruppen, die mit angelernten Vorurteilen verknüpft und in eine Hierarchie eingestuft werden. Rassismus ist ein institutionalisiertes System, das in soziale, wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen hineinwirkt und weisse Menschen und deren Interessen konsequent bevorzugt. Rassismus ist ein strukturelles gesellschaftliches Problem, aufgrund dessen Ein- und Ausschlüsse produziert werden. Rassistische Vorannahmen sind tief in unserer Gesellschaft verwurzelt und werden von Generation zu Generation weitervererbt. Rassistische Diskriminierungen können unbewusst und ungewollt geschehen und sind Ausdruck der eigenen rassistischen Sozialisierung, die erst im Handeln sichtbar wird (El-Maawi et al. 2022, 22). Wir alle sind rassistisch sozialisiert, weshalb wir unbewusst Rassismus reproduzieren, so auch die Studierenden und Dozierenden der Pädagogischen Hochschulen. Aus diesem Grund ist eine Auseinandersetzung und Sensibilisierung mit der Thematik (Anti-)Rassismus unumgänglich, wenn wir unsere Vorurteile nicht an die nächste Generation weitergeben wollen. Bildungsinstitutionen haben eine Schlüsselfunktion in unserer Gesellschaft. Die Verantwortung, gegen diskriminierende Strukturen in unserem Bildungssystem aktiv vorzugehen, ist daher besonders gross.
 
Das kollektiv krilp fordert eine rassismuskritische, diversitätsorientierte und damit intersektionale Lehr- und Lernumgebung an den Pädagogischen Hochschulen. Wir erwarten eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik, was die Mitwirkung der Hochschulleitung erfordert. Aktuell zeigt sich leider, dass viele Hochschulen unsicher und oftmals nicht adäquat reagieren, wenn Rassismus zum Thema wird. Auch die Pädagogischen Hochschulen haben es bisher verpasst, angemessen Position zum Thema zu beziehen. Das Sprechen über Rassismus sowie eine rassismuskritische Reflexion des eigenen Handelns wird in den Lehrveranstaltungen kaum oder oft unzureichend fundiert gelehrt. Der Mangel in der Ausbildung führt dazu, dass es kaum Weiterentwicklung in der Rassismussensibilität gibt und auch die Praxis kaum rassismuskritische Impulse erhält.
 
 
Es ist von enormer Wichtigkeit, dass Pädagogische Hochschulen anerkennen, dass sie in ihrer aktuellen Lehr- und Lernpraxis Rassismen reproduzieren und diesen daher entgegenwirken sollen. Unsere Forderungen haben zum Ziel, dass Lehrpersonen, ob von Rassismus betroffen oder nicht, sich rassismuskritisch positionieren können und rassismusbetroffene Kinder adäquat unterrichten und begleiten können. Das Netzwerk Rassismuskritische Soziale Arbeit hat einen Appell an die Hochschulen der Sozialen Arbeit gerichtet (Netzwerk RAKSA, Unser Appell. 2021). Entsprechend ihren Forderungen appellieren auch wir an die Pädagogischen Hochschulen.

Wir fordern:

1. Rassismuskritisches Curriculum
  • Die Pädagogischen Hochschulen sind mitverantwortlich dafür, dass das Thema Rassismus umfassend in das Curriculum integriert wird. Rassismus soll im Rahmen von Pflichtmodulen im Grundstudium ein obligatorisches Thema sein. Dabei muss race als Strukturkategorie intersektional mitgedacht werden.
  • Rassismuskritische Handlungsansätze für die Praxis sollen im Rahmen des Curriculums explizit aufgezeigt werden.
  • Die Geschichte der Industrialisierung und des (Post-)Kolonialismus muss gelehrt und in den Kontext der Kolonialgeschichte gesetzt werden.